Grotte di Frasassi: Auf Entdeckerspuren durch die Dunkelheit

Drei Bergsportler stehen am Nordhang des Monte Montagnana, ganz in der Nähe von Ascona an der der italienischen Adriaküste, als sie aus einem Loch im Boden einen leichten Windstoß verspüren.

Die Gruppe um Rolando Silvestri vergrößert das Loch mit einer Schaufel, räumen einige Felsbrocken zur Seite – der Wind wird stärker. Das Loch ist tief und schwarz, mit dem bloßen Auge können die Männer keinen Boden erkennen. Also die Probe: Rolando nimmt einen Stein und lässt ihn in das geheimnisvolle Loch im Berg fallen

Drei Sekunden, vier, fünf, sechs – Jubel bricht bei den Höhlenforschern aus: Das Loch muss über hundert Meter tief sein!

An diesem Septembertag im Jahre 1971 haben die drei Männer eines der größten Höhlensysteme der Welt entdeckt: Die Grotten von Frasassi.

Die Entdeckung der Grotte di Frasassi

Grotte di Frasassi Entdeckung

Das Loch von der Höhle aus gesehen

45 Jahre später stehe ich unten in der Höhle und schaue ehrfürchtig von unten zu diesem Loch hinauf. Tatsächlich ist dies ein riesiger Raum unter der Erde: Die „Grotta Grande del Vento“ ist knapp 200 Meter hoch, 180 Meter lang und 120 Meter breit – und sie ist nur ein Teil des insgesamt 30 Kilometer langen Höhlensystems.

Ich bin über einen Tunnel hereingekommen, der künstlich angelegt wurde, damit Leute wie ich die Höhlen bequemer entdecken können. Innen wurden Brücken und Wege angelegt, mit Geländer. Die Höhlenwände und die bis zu zwanzig Meter hohen Stalagmiten sind kunstvoll beleuchtet.

Grotte di Frasassi BesichtigungIch stelle mir vor, wie sich es gefühlt haben mag, als Rolando sich mit seinen Begleitern zum ersten Mal in die Höhle abseilte. In dieses tiefe, dunkle Loch mit dem Windhauch. Ins absolut Ungewisse. Die Entdeckung einer neuen, unterirdischen Welt, gut zwei Jahre nach der Mondlandung.

Irgendwann komme ich mit meiner kleinen Entdeckergruppe ans Ende der befestigten Wege. Darauf hatte ich gewartet, deshalb trage ich einen Schutzanzug, Helm und Stirnlampe. Hinter einer engen Öffnung führt eine schmale Stahlleiter in die Tiefe – und in die Dunkelheit.

Wir knipsen unsere Kopflampen an folgen unserem Höhlenführer hinunter, fast unbemerkt fallen wir in den Flüsterton. Die Geräusche der Menschen in der Grotta Grande werden langsam leiser und gehen langsam tiefer in den Berg hinein. Immer wieder müssen wir uns durch schmale Gänge zwängen, der Boden ist lehmig, feucht und glitschig.

Stalagmiten Stalagtiten Grotte di FrasassiUnd immer wieder tun sich am Ende der Gänge riesige Räume auf, deren wahre Ausmaße wir mit den Lichtkegeln unserer Kopflampen kaum erfassen können. Wir kommen durch ganze Wälder und Labyrinthe von Stalagmiten in allen Formen und Größen. Von oben herab hängen ihre Gegenstücke, die Stalagtiten.

Ich habe irgendwie immer ein Auge nach oben gerichtet: Hier will ich nicht stehen, wenn so ein Koloss von oben herunterkracht! Und das passiert tatsächlich, immer wieder queren wir Geröllfelder der Gesteinsbrocken, die im Laufe der Jahrtausende von der Höhlendecke herunter gerauscht sind.

Dafür sind neue Stalagmiten und Stalagtiten ständig in Arbeit: Überall tropft Wasser langsam von den Decken und Wänden. Es ist enthält Schwefel, weshalb es immer wieder unterschiedlich stark nach faulen Eiern riecht. An einigen Stellen sammelt sich das Wasser zu kleinen, unterirdischen Seen.

Italien Grotte di Frasassi entdeckenSchließlich kommen wir wieder in eine Halle. Wir setzen uns auf den kalkigen Boden und unser Guide gibt uns jetzt das Kommando, unsere Stirnlampen auszuschalten und auch das Flüstern komplett einzustellen.

Es ist dunkel, sehr dunkel. Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal vorher an einem so schwarzen Ort gewesen zu sein. Wir geben unseren Augen für eine oder zwei Minuten die Gelegenheit, sich an die Dunkelheit zu gewöhen. Aber das ändert nichts: Hier unten gibt es einfach nicht einmal die kleinste Lichtquelle, es bleibt tiefschwarz.

Dafür werden unsere Ohren empfindlicher: Hatte ich in den ersten Sekunden noch den Eindruck, als säße ich hier in völliger Stille, höre ich jetzt die Millionen Wassertropfen auf den Stein und in kleine Pfützen fallen. Jedes kleine Tröpfchen hat ein eigenes, kleines Echo.

Grotte di Frasassi FührungIch frage mich, was passiert, wenn man sich hier unten in der Dunkelheit verirren sollte. Wie lange man hier wohl überlebt? Das Wasser jedenfalls ist trinkbar, wie unser Führer mir später erklären wird. Ich probiere es aus und fange ein paar Tropfen mit dem Mund auf: Nicht gerade lecker, aber immerhin.

Irgendwie fühlt es sich hier unten gerade so an, als würde in dieser Dunkelheit auch die Zeit still stehen. Jedenfalls habe ich keine Ahnung, wie lange wir hier gesessen haben, bis wir unsere Lampen wieder anknipsen und schließlich umkehren müssen.

Die Höhle geht zwar noch weiter, ich kann alleine zwei weitere Gänge ausmachen. Die sind jedoch noch immer nicht erkundet – für Amateurforscher wie uns ist hier das Betreten streng verboten.

Es wartet noch eine Menge Arbeit für die echten Entdecker, hier unten in den Höhlen von Frasassi.

Speleologie Grotte di Frasassi

Infos für die Besichtigung:

Eine einfache Besichtigung über die befestigten Wege dauert etwa eine Stunde und kostet 15,50 €. Eine Führung ist im Preis mit drin, es gibt auch deutschsprachige Guides.

Für die Entdeckung der Höhle abseits der befestigten Wege muss man eine „speläologische Tour“ buchen. Um auf Nummer Sicher zu gehen, dass das auch wirklich klappt, sollte man früh sein und am besten eine Woche vorher buchen. Es gibt drei verschieden lange Führungen, die zwischen 25 und 45 Euro kosten.

Sollte man vorher wissen: Auf den normalen Führungen ist das Fotografieren verboten und wenn man Andenken möchte, muss man sich professionelle Fotos am Eingang kaufen.

Mehr Infos zu den Höhlen von Frasassi gibt es hier: frasassi.com

Die Marken-Region in Italien hat noch mehr Bergabenteuer zu bieten – und man kann sie auch von der Adriaküste aus vom Wasser entdecken.

Höhlenforscher Grotte di Frasassi

Hilfreich unterwegs bei jedem Abenteuer:

Gefällt dir, was du hier findest?

Folge mir doch auf Facebook, Twitter oder Instagram!

Oder abonniere meinen Newsletter:

Trage jetzt deine Mailadresse hier ein:

*** Meine Reise und dieser Beitrag wurden finanziert durch die Marken Region.

Timo Peters
Timo Petershttps://www.bruderleichtfuss.com
Timo Peters ist der Gründer und Chefabenteurer bei bruderleichtfuss.com. Ich verbringe meine meiste Zeit auf Reisen und stehe auf Abenteuer aller Art. Ich bin gerne in der Natur unterwegs: Zu Land wandere ich mit meinem Zelt durch die Wildnis, zur See gerne auf Segelbooten. Außerdem habe ich eine Leidenschaft für Reisen per Anhalter. Hier findest du mehr Infos über mich und diesen Blog.

Related Articles

Leave a reply

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Beliebt

Dinge

Mein Norwegen-Magazin