Welchen Segelschein du zum Trampen zur See wirklich brauchst

Deutschland ist das Land der Scheine – für fast alles, was Spaß macht, braucht man hierzulande einen Schein. Beim Segeln treibt diese deutsche Leidenschaft für Papier, Stempel und Unterschriften ganz besondere Blüten: Es gibt eine Vielzahl von Scheinen, die man machen kann.

Da wären zum Beispiel der Grundschein, die Sportbootscheine See und Binnen, der Sportküstenschifferschein, der Sportseeschifferschein, der Sporthochseeschifferschein und dazu eine diverse Scheine für’s Funken und, zu guter Letzt, der Pyroschein.

Als wären diese Wortungetüme nicht schon genug, sind einige dieser Lizenzen freiwillig, andere sind einfach nur gern gesehen oder nur für bestimmte Situationen nötig. Kein Wunder, dass man da nicht weiß, was man machen soll.

Und welchen Schein brauche ich jetzt zum Mitsegeln?

Keinen!

Eigentlich zumindest. Nur der Skipper ist verpflichtet, im Besitz der nötigen Scheine zu sein. Als Mitsegler brauchst du erst einmal gar keine Lizenz. Allerdings kann es bei der Suche nach einem passenden Boot für dich schon helfen, wenn du ein bisschen Fachkunde nachweist.

Das Wichtigste vorweg: Auch, wenn es nahe liegen würde – den Grundschein brauchst du nicht! Zumindest nicht, wenn du auf einem „richtigen“ Schiff auf einem „richtigen“ Meer anheuern willst.

Beim Grundschein lernt man, wie man eine Jolle bedient, zum Beispiel auf der Binnenalster oder auf dem Steinhuder Meer. Das mag zwar ganz nett sein, den Skipper für deine Atlantiküberquerung beeindruckst du damit aber ganz sicher nicht.

Mehr zum Thema:

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Einziger Vorteil des Grundscheins: Du lernst das Prinzip des Segelns, das heißt, aus welcher Richtung du den Wind brauchst, um wohin zu segeln. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich aber sagen: Das lernst du auch an Bord eines „richtigen“ Schiffs ganz schnell. Learning by doing!

Per Anhalter über den Atlantik

Wenn, dann brauchst du den Sportbootführerschein See!

Ich habe den Sportbootführerschein See. Damit habe ich zwar nicht das Segeln gelernt – aber er ist meine Erlaubnis, ein Sportboot auf See zu führen. Der Sportbootführerschein See ist der einzige verpflichtende Schein, den man braucht, um mit einem Boot auf das Meer hinaus zu fahren.

Was man da lernt: Schifffahrtsrecht, Seezeichen, Navigation und Kartenarbeit. Ziemlich dröges Zeug, das kann ich euch sagen. Aber: Man lernt genau die Dinge, die man wissen muss, um eine Wachschicht auf einem Segelboot übernehmen zu können. Und diese Fähigkeit ist vielleicht das stärkste Argument, mit dem du einen Skipper überzeugst, dich mit zu nehmen!

Alles andere lernst du am Besten, wer hätte es gedacht, an Bord eines Segelschiffes! Welche Segelstellung zu welchem Wind passt, ist einerseits eh stark abhängig davon, auf was für einem Boot du gerade unterwegs bin. Selbst erfahrene Skipper haben bei ihrem ersten Tag auf einem neuen Boot jemanden an Bord, der das Boot kennt.

Diese Segelscheine gibt es sonst noch:

  • Funkscheine sind eine interessante Sache. Ist ein Funkgerät an Bord, muss auch jemand mit dem passenden Funkschein an Bord sein – das ist vor allem so, damit der Funkverkehr auf See nach geregelten Standards ablaufen kann. Der Kurs befähigt dich aber auch dazu, ein Funkgerät zu bedienen – was auf dicht befahrenen Seegebieten (um Gibraltar, Ärmelkanal) auch für Mitsegler ganz sinnvoll sein kann. Ich habe ihn nicht, werde ihn aber sicher mal machen.
  • Der Sportbootführerschein Binnen ist das Pendant zum SBF See – ihn brauchst du, wie der Name verrät, wenn du auf Binnenseen unterwegs sein möchtest. Für mich erstmal nutzlos – trotzdem werde ich ihn wohl irgendwann mal nebenbei machen: Wenn man den SBF See hat, ist der Binnenschein recht günstig.
  • Sportküsten-, Sportsee- und Sporthochseeschifferschein sind ergänzende Scheine, die rechtlich gesehen freiwillig sind. Einzig beim Chartern einer Yacht kann es passieren, dass der Anbieter zumindest auf den Sportküstenschifferschein besteht. Bei diesen Scheinen lernt man im Gegensatz zum Sportbootführerschein See richtige Seemannschaft und Segelskills, sie beinhalten eine echte Ausbildung.Für jemanden, der nur Mitsegeln möchte, sind sie jedoch wirklich nicht nötig.

    Die meisten Skipper haben aber eine oder mehrere dieser Lizenzen: Man lernt in diesen Kursen eine Menge – und die Scheine beweisen, dass die Skipper sich wirklich ausgiebig mit dem Thema beschäftigt haben und einen theoretischen Background haben. Außer den Charter-Anbieter freut das zum Beispiel auch die Versicherung. Wenn ich einen Kapitän, bei dem ich mich zum Mitsegeln vorstelle, zum ersten Mal treffe, frage ich meist nach diesen Scheinen – wenn er sie hat, habe ich einfach ein besseres Gefühl.

  • International trifft man recht häufig auf den englischen Yachtmaster (Coastal, Offshore, Ocean) – er ist das Äquivalent zu den deutschen Schifferscheinen. Die Ausbildung zum Yachtmaster ist praktischer orientiert als in Deutschland und auch gerne mal etwas härter – deswegen haben diese Scheine international einen sehr guten Ruf.

Wenn mein Bootskauf irgendwann mal näher rücken sollte, würde ich mich deshalb einen der englischen Scheine entscheiden – aber bis dahin werde ich noch viel auf fremden Yachten mitgesegelt sein.

Timo Peters
Timo Petershttps://www.bruderleichtfuss.com
Timo Peters ist der Gründer und Chefabenteurer bei bruderleichtfuss.com. Ich verbringe meine meiste Zeit auf Reisen und stehe auf Abenteuer aller Art. Ich bin gerne in der Natur unterwegs: Zu Land wandere ich mit meinem Zelt durch die Wildnis, zur See gerne auf Segelbooten. Außerdem habe ich eine Leidenschaft für Reisen per Anhalter. Hier findest du mehr Infos über mich und diesen Blog.

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2 comments

  1. „Der Sportbootführerschein See ist der einzige verpflichtende Schein, den man braucht, um mit einem Boot auf das Meer hinaus zu fahren.“

    Falsch.
    (Wird natürlich von entsprechenden Ausbildungsstellen, die mit der Ausbildung zu den Scheinen was verdienen wollen, immer mal wieder unerwähnt gelassen – ziemlich unfair, wie ich finde … Es gibt aber mittlerweile auch andere, die einfach nur Ausbildung anbieten – ohne daß man einen „Schein“ machen muß – das finde ich fairer: Der Schüler kann dann selber entscheiden. Nicht immer ist ein Schein von Vorteil! Z.B. Was man nicht hat, kann einem nicht geklaut werden … und fünfzehn Pferde reichen als Flautenschieber dicke aus … Wer natürlich mit Boliden draußen rumschroten will, braucht’n Papierchen – aber die gehören eh eher auf den Nürburgring und nicht auf das weite Wasser … 😉 )

    Solange das Boot mit nicht mehr als 15 PS motorisiert ist, braucht man überhaupt keinen Schein.
    (Vor einigen Jahren lag die Begrenzung noch bei 5 PS)

    Es gibt ein paar Ausnahmen (z.B. Bodensee) – thats all.

    Schwierig kann’s nur werden, wenn in einem bestimmten Fahrtgebiet (z.B. Holland) überall Funk vorgeschrieben ist und man hat keinen Funkschein. Na gut, dann segelt man eben drumherum … 😉

    Behörden die „sich anstellen“ werden großräumig umschifft … 😉 thats freedom …

    Also keine Panik, gaaanz so von Bürokratie umstellt ist Deutschland dann doch noch nicht. (Naja, es reicht trotzdem noch … 🙁 )

    Und:
    Auf See zählt das tatsächliche Können, nicht der Schein.
    Es hat keinen Zweck, der tobenden See den Schein vorzuzeigen … 😉

    D.h.: Auch ohne Schein hat man die volle Verantwortung für alles was man tut, oder unterläßt!
    (Wenngleich das Seerecht manchmal merkwürdige Blüten treibt – meist erst an Land und durch Leute, die nie draußen waren …)

    Hella

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